China mit dem spitzen Stift - Das Reich der Mitte im Spiegel österreichischer Karikaturen. Deutsch und Chinesisch

Von Gerd Kaminski (Autor/in)., Wang Jing (Übersetzer/in). | 248 Seiten | Erschienen: 08. 10. 2019 | ISBN: 9783903071636 | 1.Auflage

Der Autor hat sich als erster der interessanten Aufgabe unterzogen in verschiedensten österreichischen Quellen seit Ende der Barockzeit und Anfang des 19 Jh. bis in die Gegenwart nach Karikaturen mit China-Themen zu suchen. Dabei ist er in überraschend großem Umfang fündig geworden.

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Ein interessantes Detail seiner Forschungsergebnisse beruht auf der Analyse, welche zeigt, dass zu einer Zeit als China von anderen europäischen Mächten geringschätzig oder sogar feindselig behandelt worden ist, man in Österreich ein positives Chinabild pflegte und in zum Teil beißenden Bildern die Aggressionspolitik der anderen Staaten kritisierte. Besonders schlecht kommt der deutsche Kaiser Wilhelm II weg, welcher mit seiner berühmten Hunnenrede, dem bombastischen militärischen Einsatzes unter Graf Waldersee zur Zeit des Boxeraufstandes und seinem Gespenst der Gelben Gefahr in den österreichischen Blättern ein lebhaftes Echo fand.
Das Werk begleitet den Leser anhand von einprägsamen Bildern durch eine Zeit von etwa 300 Jahren und trägt in einer unterhaltsamen Weise zum Verständnis Chinas und der Chinesen bei. Der großformatige Band enthält einige hundert zum Teil farbige Karikaturen.
Übersetzung: Mag. Wang Jing

REZENSIONEN

Prof. Dr. Wolfgang Kubin

Was ein Autor schreibt, versteht ein Leser besser. So ist mir das Gewaltige des Werkes in die Hand meiner Vorstellung gegeben. Der Wiener Meister von 76 Büchern weiß nicht unbedingt, worauf ich jetzt hinauswill. Das ist in dem Fall eines Radikalinskis normal: Der Meister wird bald 80, der Adept bald 75.

Zunächst Glückwunsch an den Verlag und an den Verfasser für dieses neue Meisterwerk, sorgfältig ediert und edel gedruckt. Ich fand nur einen Grammatikfehler (S. 142), will sagen, ich habe durch die großen Karikaturen nicht geblättert, sondern ich habe genau gelesen.

Die politisch korrekte Sinologie ist heute schnell zu Fuß mit ihrem Vokabular von Rassismus, Sexismus, Kolonialismus. Neuerdings fällt alles unter diesen Verdacht, wenn die fragliche Person ein Mann, ein Weißer, ein alter Knacker ist.

Warum also nicht billig den hier vielfach angeführten Friedrich Schiff (1908-1968) mit seinen Karikaturen von China als begehrlichstes Opfer einer Political Correctness aburteilen? Wir könnten da den gesamten Apparat des Postkolonialismus und des Antifeminismus blind bedienen. Was wäre das für eine Fundgrube!

Doch halt: Wer wie ich seit acht Jahren in China lebt und täglich China Daily sowie Global Times liest, um das vorzügliche Englisch zu studieren, stellt erstaunt fest, immer werden da Abe, Kurz, Merkel oder Trump karikiert, aber nie die chinesische Führung, nie ein „Schwarzer“. Die ist, wenn man böse will, ein neuer Rassismus, ein Rassismus wider die „Weißen“. Aber ich mag so nicht denken, denn Karikaturen sind Karikaturen. Es gibt auch viele von mir in China. Bin ich beleidigt? Nie! Karikaturen sind Überzeichnungen im lieben Sinne. Und so darf auch Xi Jinping in diesem Band dank österreichischem Stift ganz demokratisch, so wie du und ich vorkommen (S. 225, 227).

Unsere beiden Österreicher Kaminski und Schiff (Tu, Austria, nube) bringen das Problem von Erkennen und Wissen auf den Punkt. Da weicht alle heutige Wissenschaft auf das gängige Verständnis aus. S. 143 zum Beispiel. Ich habe lange nachgedacht. Wie deuten wir den Schnitt in der Hose des Mannes? Wie die stillende Mutter? Wie den dicken paffenden Mann, wie den Schlacks mit Fluppe? Wie das Paar? Der Satz aus dem Munde einer Frau spricht allem Vorwurf von Sexismus Hohn! Ich kolportiere ihn, diesen Satz, nicht, weil er alle Feministinnen in Rage brächte. Dabei ist das anzügliche Bild mit der Standardschönen im linken Hintergrund nichts anderes als ein Grund des Nachdenkens über ein verschwundenes China.

Halt, Euer Ehren, die Schönen von Shanghai, denen das Mannsvolk, ob „gelb“ oder “weiß“ wie blind folgt, ist in diesem Buch, überall ein Gleichnis. Die begnadete Dichterin Zhai Yongming, sagte einmal zu mir „Frauen locken, Männer suchen“. Wie wahr. Bei unserem lieben Juden Schiff, der Asyl in besagter Hafenstadt erhielt, hat eine jede chinesische Schöne unabhängig von der Hautfarbe viele Männer im Gefolge. Und was wollte diese mehr? Begehrt zu werden schafft Selbstvertrauen.

Schiff ist ein Meister der Erkenntnis männlicher Sucht und weiblicher Sehnsucht. Wer schilt nun wen? Wir haben in unserer Jugend gehört, „Pretty Girl Rules the World “. Bitte, liebe Feministinnen, setzt in diesem Buch einmal so an! Die Welt ist doch nach dieser Art, und wenn nicht?

Schablone hin, Schablone her. Das Buch gibt sich zu reich, so daß ich nach dem Morgengrauen in Shantou zu grübeln begann. Also ab 4 Uhr oder früher. Die geneigte Leserschaft schlief da wohl noch wie Verleger und Verfasser. Denn sie grübelte nicht über meine Fragen.

Chinas Vorwurf an den sogenannten Westen lauten unisono „Ihr“. Es gilt dieser in Sachen Österreich gar nicht, Wien war immer ein Freund vom Reich der Mitte. Ganz Europa sollte schallen: Austria sei Dank. Die Kaiserin Maria Theresia tanzte für China (S. 50)! Was will China mehr? Denn es hatte und hat in dem Diplomaten und Sinologen Arthur von Rosthorn (1862-1945) nebst Gattin Paula einen Fürsprecher. Vgl. S. 40: „Wäre ich Chinese, so wäre ich Boxer.“ Es ist das Verdienst von Gerd Kaminski immer wieder auf dieses kritische Ehepaar zu verweisen. Die Theorie des Postkolonialismus findet da ihr Ende.

Wir dürfen also das Werk immer wieder von der Vergangenheit in die Gegenwart stellen, und das ist es, was seine Einzigartigkeit ausmacht: Wir denken über heute nach. So zum Beispiel auf S. 78. Was sich einmal Westeuropäer anmaßten, ist derzeit die tägliche „Wortspende“ unter der amerikanischen Regierung von Trump, um Peking zu maßregeln. Das Stichwort lautet „Freiheit“.

Natürlich habe ich dies „Alterswerk“ auch unter ästhetischem Gesichtspunkt verschlungen. Der vielzitierte Friedrich Schiff erinnerte mich an den ebenso großen Karikaturisten Feng Zikai (1898 - 1975), der uns mit seinen Illustrationen von Lu Xuns Erzählungen bekannt ist. Und ich habe wieder gern seltene Wörter gesammelt: Seelenzahl (S. 38), Bechervase (S. 42), Juxschrift (S. 46), Du-du-du (S. 51), Ringelspiel (S. 72), einberichten (S. 114). Da sträubt sich der Rechner, aber das Herz des Poeten lacht.

Quelle: Orientierungen 1/2019

Verlag[Firma Bacopa Verlag]
ISBN9783903071636
Auflage1
Sprache(n) Deutsch
Chinesisch
Ausführung Gebunden
Erschienen2019
Seitenzahl248
Illustrationenzahl248
Cover Hardcover
Autor/in Gerd Kaminski (Autor/in) , Wang Jing (Übersetzer/in)